Begebenheit am Schwimmbecken
Ich schildere hier meine Geschichte:
Konkret erinnere ich mich an eine Begebenheit im Juli 2002.
Die Sommerferien standen kurz bevor und an den heißen Juli-Tagen durfte man im gesammelten Kollektiv der „Abteilungen“ (ich damals in der 3. Abteilung) zur Abkühlung in das kleine Schwimmbecken des Internats. Mein bester Kumpel in der Abteilung und ich waren damals schon älter als die meisten anderen (wir 16 Jahre alt, die meisten anderen erst 13 und 14 Jahre alt) und haben groß rumgetönt, dass es doch viel besser wäre, wenn man auch nackt baden könnte. Wir hatten einfach eine große Klappe und ich glaube, wir wollten damit vielleicht auch einfach nur die Erzieherin provozieren, die damals während dem Baden die Aufsicht für uns hatte. Wir haben uns nichts weiter dabei gedacht und waren auch nicht darauf aus, das Ganze wirklich in die Tat umzusetzen.
Als wir uns dann abends gesammelt bettfertig gemacht haben, wurden mein Freund und ich bereits im Schlafanzug nochmal zu Frater G. gerufen, der auf einer Bank am Schwimmbecken auf uns wartete. Es war zwar noch hell, aber ich weiß noch dass es im Abendrot eine sehr seltsame Atmosphäre am von hohen Hecken umschlossenen Schwimmbecken war. Außerdem war es für unser Verständnis nie gut, allein zum Gespräch erscheinen zu müssen und hatten uns auf ein „unangenehmes Gespräch“ eingestellt.
Ganz im Gegenteil war Frater G. sehr, sehr lieb und verständnisvoll im Gespräch, dass es fast schon unheimlich war. Ihm sei unser „Wunsch nach Nacktbaden“ zugetragen worden und er wollte uns erklären, warum das im normalen Internatsablauf nicht geht mit allen anderen Schülern die sich dabei unwohl fühlen könnten und auch den Eltern im Rücken, die das mit Sicherheit nicht gut heißen würden. Generell sei es ihm aber wichtig uns zu sagen, dass er den Wunsch gut nachvollziehen könne und dass der ungezwungene Umgang mit Nacktheit, vor allem wenn ausschließlich Jungs und Männer dabei sind, etwas ganz Natürliches und Schönes für ihn sei.
Er hat uns dann von „Freizeitwochenenden“ berichtet. Wenn er z.B. mit seiner Feuerwehrgruppe (ich glaube er hat auch Ministrantengruppen bzw. das damals geplante „Dachkloster-Konzept“ erwähnt) abseits vom normalen Internatsalltag unterwegs ist, sei alles viel ungezwungener. Da könne man auch mal „a Bierle“ zusammen trinken und wenn beispielsweise jemand nackt in den See springen will, dann seien da alle eingeladen und das wäre dann auch überhaupt kein Problem. Immerhin sei man ja unter sich, also „unter Männern“.
Wenn wir also Interesse hätten, da mal mit zu fahren, nimmt er uns jederzeit gerne mit. Dann waren wir entlassen und mussten wieder zu unserer Abteilung zurück.
Mein Kumpel und ich haben das damals als eine Art sehr seltsame Bloßstellung und Konfrontation mit unserer „großen Klappe“ empfunden. Ich war einfach froh, dass es in dem Gespräch nicht um irgendwas ging, was wir evtl. ausgefressen hatten, außerdem waren dann auch gleich Sommerferien und wir haben uns keine weiteren Gedanken mehr darum gemacht.
Im Kontext der Vorwürfe und Geschichten, die um Frater G. heute im Raum stehen, ergibt die Begebenheit für mich im Nachhinein allerdings absolut Sinn und ich betrachte das rückblickend nun durchaus als „Einladung zu Mehr“ im Sinne von „Alles kann, nichts muss“. Wenn ich mir das so vorstelle, wird mir ganz schlecht!